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Wissenswertes rund um die Drachen.

Die Geschichte der Drachen.

 

Allgemein
Leonardo da Vinci
Korea und Japan
Malaysia und Indonesien
Thailand
Europa
Forschung und Militär

 

Allgemein

Schriftliche Aufzeichnungen über Drachen stammen aus China rund 1.000 Jahre vor Christus. Vermutlich sind aber, da die Herstellung von Seide schon seit rund 2.000 Jahre vor Christus in China bekannt war und es dort auch ausreichend Bambus gab, erste Versuche mit Drachen auch dementsprechend älter. In der westlichen Welt gibt es die ersten Aufzeichnungen seit rund 200 Jahren nach Christus aus Griechenland von dem Mathematiker Archytas von Tarent.

In Asien und Polynesien wurden die Drachen von China aus durch buddhistische Mönche weiterverbreitet. Dort haben sie auch heute oft noch religiöse und zeremonielle Bedeutung.

Erste praktische Nutzen durch Drachen sind aus Japan bekannt. Dort wurden große Drachen für das Emporheben von Bogenschützen verwendet und bei dem Bau von Türmen Baumaterialien wie Kacheln und Ziegel in die Höhe transportiert.

In Indien werden etwa seit dem 4. Jahrhundert kleine Kampfdrachen aus Papier und Bambus geflogen. Holländische Kaufleute brachten diese Drachen 1543 nach Japan. Noch heute werden im März mit besonderer Leidenschaft die „Nagasaki Hata" in den traditionellen Farben rot, weiss und blau – den Farben der holländischen Flagge – gebaut und geflogen.

Eine Abwandlung dieser Drachen dient in Malaysia heute noch zum Fischfang, weil die Schatten der Drachen auf dem Wasser einem Blatt ähneln.

Kaufleute um Marco Polo waren es, die 1282 Drachen aus Asien mit nach Europa brachten. Seit dieser Zeit dienten die Drachen im Wesentlichen zum Zeitvertreib und als Kinderspielzeug auf den abgeernteten Feldern im Herbst.

1826 benutzte der Engländer Pocock einen Drachen, um eine Kutsche damit anzutreiben. Da man keinen Wegezoll für drachenbetriebene Fuhrwerke kannte, sparte er dadurch die Gebühren.

Die erste Überbrückung der 240 m langen Schlucht der Niagarafälle erfolgte 1847 mit einem Drachen. Durch nachfolgend herübergezogene, immer schwerere Seile konnte die erste Eisenbahnhängebrücke zwischen Kanada und den USA hergestellt werden.

Seit 1887 experimentierte in Frankreich C. Jobert mit Drachen, um damit eine Rettungsleine von gestrandeten Schiffen zur Küste zu spannen.

Drachen haben in der Geschichte der Wissenschaft ihren festen Platz. Bereits 1749 benutzte Alexander Wilson in Schottland ein Gespann von 6 Drachen, 915 m hoch, um mit in der Flugleine befestigten Thermometern die Temperaturunterschiede in den verschiedenen Lufthöhen nachzuweisen.

Im Juni 1752 benutzte Benjamin Franklin in den USA einen Drachen zum Nachweis der elektrischen Energie von Blitzen in Gewittern. 1887 wurden mit Drachen die ersten fotografischen Luftaufnahmen durch den britischen Meteorologen Archibald gefertigt. Am 12.12.1901 gelang Marconi mit einer durch einen Drachen auf 122 m Höhe gebrachte Antenne die erste drahtlose Übertragung von Funksignalen von Cornwell nach Neufundland.

Die von dem in Australien lebenden Lawrence Hagrave entwickelten Kastendrachen wurden von 1893 bis in die 20ger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts vom US-Wetteramt im Blue Hill Observatorium zur Wettervorhersage benutzt.

Zur gleichen Zeit fanden in Deutschland regelmäßige Drachenaufstiege zur Wettererforschung bis in Höhen von 2.000 m statt. Der Weltrekord eines Höhenfluges wurde 1919 in Lindenberg aufgestellt. Damals erreichte ein Drachengespann die Höhe von 8.425 m.

Kastendrachen haben auch einen großen Anteil an der Entwicklung der Luftfahrt. Erste Versuche erfolgten zwischen 1799 und 1809 mit Modellgleitern durch Sir George Cayley, der erstmalig 1804 einen Gleiter mit einem Gewicht von „80 – 90 Pfund" über eine längere Strecke flog.

Um 1900 benutzten die Gebrüder Wright Doppeldeckerdrachen für die praktische Erprobung von Steuerung und Flügelverwindung für ihre ersten Flugzeugprototypen.

1902 baute der Amerikaner Samuel F. Cody für das englische Militär ein System von Kastendrachen. Damit wurden Beobachter bis zu 800 m hoch getragen. Zeitgleich betrieb der französische Lieutenant Saconney ähnliche Entwicklungen für die französische Infanterie. In Deutschland wurden mit ähnlichen Systemen Beobachter von U-Booten gestartet, um deren Sichtbereich auszudehnen.

Die NASA experimentierte immer wieder mit Drachen für den sanften und zielgenauen Rücktransport wiederverwendbarer Raketeneinheiten. Francis M. Rogallo – Vater der Hangleiter - entwickelte dazu zunächst 1948 Drachen mit flexiblen Flügeln, deren Gestänge schließlich durch aufblasbare Holme ersetzt wurden und die ihre Stabilität durch die Tragleinen in einer Verbundwaage erhalten.

Einen Himmelsanker besonderer Art entwickelte 1963 der Amerikaner Jalbert. Durch die Nutzung von Ballon-, Fallschirm-, Tragflächen- und Drachenmerkmalen gelang ihm die Erfindung eines gestängelosen, durch Druckwind aufgeblähten und dadurch steifen Flügels mit enormer Auftriebskraft, der als Parafolie sowohl in die Drachengeschichte einging als auch in abgewandelter Form heute als moderner und steuerbarer Fallschirm den herkömmlichen Rundkappen-Fallschirm weitestgehend abgelöst hat.

Bereits 1944 entwickelte Paul E. Garber einen steuerbaren Zieldrachen zum Training der amerikanischen Luftabwehr. Doch erst der 1974 von Peter Powel entwickelte lenkbare Drachen, der der Form des Eddy sehr ähnlich ist, revolutionierte den modernen Drachensport. Die Ära der Lenkdrachenfreunde begann mit dem Peter-Powel-Stunter rund um die Welt.

Der Drachensport – in unseren Regionen oft noch als Kinderspiel belächelt und verkannt - hat sich insbesondere in den letzten Jahren zu einer sportlichen Freizeitalternative entwickelt. Dies ist im Wesentlichen im Bereich der Lenkdrachen mit seinen unterschiedlichen Sparten geschehen. Ob im Buggy (ein dreirädriges Gefährt mit lenkbarer Vorderachse), auf dem Surfbrett, im Kanu oder auf dem Ski oder den Schlittschuhen vom Drachen gezogen, mit Kunstflugfiguren einzeln oder im Team auf der Wiese bis hin zu Trickflug beim „Indoorkiting" (Drachenfliegen in der Halle) ist alles möglich.

Spektakulär war die Verwendung der von Wolf Behringer entwickelten steuerbarem Segel, die Reinhold Messner und Arved Fuchs zur Unterstützung der Fortbewegung 1989 in der Antarktis benutzten.

Die Geschichte der Drachen ist noch nicht zu Ende. Mit überdimensionalen stablosen Figuren hat der Neuseeländer Peter Lynn in den vergangenen Jahren neue Maßstäbe am Drachenhimmel gesetzt. Er war es auch, der die Fortbewegung mit Drachen wieder aus der Vergangenheit geholt hat. Mit den Buggykonstruktionen hat sich das Buggy fahren und auch mittlerweile das Drachensurfen zu eigenständigen Sportarten entwickelt.

 

Was die Menschheit seit Jahrtausenden vergeblich ersehnt hat, die Eroberung des Luftraumes, das geschah in unserem Jahrhundert. Das der Traum vom Fliegen schon seit ca. 40 000 Jahren besteht, zeigen Felsmalerein in einer Steinzeithöhle in der libyschen Wüste.

Als der Drachen seinen Weg nach Europa fand, war er nur das Spielzeug der Kinder, davon erzählen Aufzeichnungen, Märchen, Geschichten und Gedichte.

Die Kinder konnten nur im Herbst ihre Drachen steigen lassen, denn nach der Ernte des Getreides durften die Felder und Wiesen erstmals wieder betreten werden und hier wurde dann das Spiel mit dem Drachen lebendig.

Das Drachensteigen aus früher Zeit erzählt besonders schön das Gedicht von Viktor Blühgen - Ach wer das doch könnte -  das zu den schönsten Drachengedichten gehört.

Durch die wissenschaftlichen Forschungen und Erkenntnisse unserer Urgroßväter, Großväter und Väter wurden die Verbindungen zwischen Drachen und Flugzeug hergestellt.

Die Geschichte des Drachen ist viel bedeutsamer, als die meisten Leser vermuten dürfen, die sich den Drachenbau und das Steigenlassen von Drachen wohl nur als einen Zeitvertreib und Spiel der Jugend vorstellen. Während des ganzen Mittelalters gab es nur eine überragende Persönlichkeit, die das Luftfahrtproblem wissenschaftlich durchdachte:

Leonardo da Vinci  (1452 - 1519)

Das erste Fluggerät, mit dem die Menschen schon sehr frühzeitig in das Luftreich eingedrungen sind, ist der Drachen. Allerdings gelingt es dem Menschen nicht, mit ihm das Reich der Lüfte wirklich in Besitz zu nehmen und zu erobern. Denn der Drachen ist ein gefesselter Flugkörper, der durch ein Seil wie mit einer Nabelschnur fest mit der Erde verbunden bleibt. 1752 veranstaltete Franklin seinen berühmten Drachenaufstieg bei Gewitter, um zu beweisen, daß der Blitz eine elektrische Erscheinung sei. Die ersten bedeutenden Experimente mit der Drachenform (Bogenspitzdrachen) wurden von dem Engländer Sir Georg Cayley 1799 durchgeführt.

Den vermutlich ersten europäischen menschentragenden Flugdrachen benutzte der Engländer Pocock 1825, indem er seine Tochter mit einem Stuhl auf 90 m emporheben ließ.

Graham Bell, bekannt geworden durch seine Erfindung des Telefons, war ein vielseitiger Mensch. Durch seinen Entschluß, einen Flugapparat zu konstruieren, befruchtete er die damalige Drachenwelt um einige äußerst interessante Variationen. Als seine größte Erfindung gilt die Tetraederform, die sich noch heute in den phantastischsten Kombinationen wiederfindet.

Am 1. August 1919 stellte man in einem Drachenaufstieg mit einem Gespann von neun sogenannten Schirmdrachen am Lindenberg Observatorium bei Berlin einen neuen Weltrekord auf. Es wurde eine Höhe von 9740 m erreicht. Diese Höhe ist bis heute ungebrochen.

Die erste Drachenfahrt mit einem Schiff führten 1900 Hergesell und Graf Zeppelin auf dem Bodensee durch. Teils mit den Motorbooten des Grafen Zeppelin, teils mit dem großen Dampfer " Württemberg " wurden Drachengespanne bei Windstille als auch bei Schneesturm hochgelassen. An den meisten Wetterstationen wurden die Drachen an einem Klaviersaitendraht aufgelassen, so passierte es, daß ein in Reinekendorf abgerissener Drache nach seiner Landung derart zu liegen kam, dass ein Stück Draht einen Kurzschluß zwischen einer Starkstromleitung erzeugte. Dies geschah in einem Garten, dessen Besitzer seine Obstbäume gerade besichtigte. Bei dieser ungefährlichen Beschäftigung kam der Mann dem Draht zu nahe und verbrannte sich gründlichst.

Ein anderes Mal erhielt ein Telephonfräulein durch Kurzschluss zwischen Kraft- und Telephonleitung, über welche sich ein gerissener Drachendraht legte, eine Entladung in ihr Ohr. Abgesehen von diesen oft recht unangenehmen Zwischenfällen gingen beinahe bei jeder Havarie hunderte Meter Draht verloren.

Der in England lebende Amerikaner Samuel Franklin Cody hat einen der interessantesten Drachen konstruiert. Sein menschentragender Cody Drachen wurde zur militärischen Nutzung gedacht und fand im Kriegsministerium große Anerkennung, nachdem er sich durch eine erfolgreiche Kanalüberquerung von Dover nach Calais in 13 Stunden in seinem Faltboot von einem Drachen ziehen ließ.

Einen ersten Schritt zu gänzlich neuen Konstruktionsformen bildete ein zunächst als Spielzeug gedachter Roloplan. Dieser dreiflächige Drachen wurde im Laufe der Zeit in seiner Größe bis auf 90 qm Fläche gesteigert. Dieser Riesendrachen zog 1913 auf dem Tempelhofer Feld mit Leichtigkeit drei Personen, die in einer Gondel saßen, in die Luft.  Da aber das Einholen dieses Drachenungeheuers grösste Schwierigkeiten bereitete, wurden weitere Versuche eingestellt.

Viele Patente, Examensarbeiten, Berichte, Geschichten und Gedichte sind um den Drachen geschrieben worden. Diese gilt es zu bewahren in einer Zeit, in der wir uns schon an die Überschallflugzeuge und Raumflüge gewöhnt haben.

Hierzu ein Gedicht von Viktor Blühgen:

Ach wer das doch nur könnte

Gemäht sind schon die Felder, der Stoppelwind weht;

hoch droben in den Lüften mein Drachen nun steht,

die Rippen von Holz, der Leib von Papier,

zwei Ohren, ein Schwänzchen sind all` seine Zier.

Und ich denk`: So drauf liegen im sonnigen Strahl -

ach wer das doch nur könnte, nur ein einziges Mal !

 

Da guckt' ich dem Storch in das Sommernest dort:

" Guten Morgen, Frau Storch, geht die Reise bald fort ? "

Ich blickt' in die Häuser zum Schornstein hinein:

Lieb Vater, lieb Mutter, wie seid ihr so klein !

Tief unter mir seh` ich Fluß, Hügel und Tal.-

Ach, wer das doch könnte, nur ein einziges Mal !

 

Und droben, gehoben auf schwindelnder Bahn,

da faßt' ich die Wolken, die segelnden, an;

ich ließ' mich besuchen von Schwalben und Krähn

und könnte die Lerchen, die singenden, sehn,

die Englein belauscht' ich im himmlischen Saal.-

Ach wer das doch könnte, nur ein einziges Mal !

 

Korea und Japan

Obwohl die Drachen von China nach Korea kamen, hat es auch dort eigenständige Entwicklungen gegeben. Eine amüsante Geschichte berichtet vom General Gim Yu-Sin, der im 7. Jahrhundert lebte. Er hatte den Auftrag, eine Rebellion zu zerschlagen. Eines Nachts sahen seine Soldaten einen Stern vom Himmel fallen. Sie glaubten an ein schlechtes Omen und an die Vernichtung ihrer Königin. Um die Moral seiner Truppen zu stärken, konstruierte der General Gim Yu-Sin einen Drachen, mit dem er einen Feuerball gen Himmel steigen ließ. Mit dem zurück gewonnenen Mut seiner Krieger - sie glaubten, der Stern sei wieder zum Himmel gestiegen - besiegte der General die Rebellen.

Die Koreaner bauen traditionell nur einen rechteckigen Kampfdrachentyp mit einem Loch in der Mitte. Baumaterial ist Bambus und Papier. Dieser Drachentyp ist besonders wendig und eignet sich darum ausgezeichnet für Drachenspiele aller Art. Diese Spiele gehen in Korea bis in das 7. Jahrhundert zurück. Es sind Wettbewerbe, die immer in den ersten beiden Wochen des neuen Mondjahres stattfinden. Zum Abschluss dieses Drachenfestes lässt man Drachen mit der Aufschrift steigen: "Mögen alle Sorgen des vergangenen Jahres mit diesem Drachen davonfliegen".

Die Existenz von Drachen wird in der Geschichte Japans 713 zum ersten mal erwähnt. Von China kommend, wurden sie auch dort oft zur Nachrichtenübermittlung eingesetzt. Am Anfang waren nur wohlhabende Samurais in der Lage, sich Drachen aus dem teuren Papier zu bauen.

Später, mit Hilfe neuartiger Techniken wie Holzdruck, wurde der Drachen populärer. Die japanischen Drachen wurden seit jeher mit aufwendigen Farbmotiven dekoriert. Sie wurden bei Kriegen, Belagerungen und Diebstählen zur Beförderung von Personen eingesetzt.

In den unruhigen Kriegsjahren des 15. und 16. Jahrhunderts verlor der Drachen an Bedeutung, die aber in den folgenden Jahren wieder wuchs. Heute zählt man 87 historische Drachenzentren über das ganze Land verteilt. Die Stadt Niigata und ihre Umgebung ist eines dieser historischen Gebiete. Mit Beginn des 18. Jahrhunderts wurde das Drachenfliegen in Shirone, Sanjo und Imamachi populär, und seit dieser Zeit werden dort Drachenwettkämpfe durchgeführt. Ihren Ursprung haben diese Wettkämpfe in Machtkämpfen von Großgrundbesitzern, die zu beiden Seiten von Flüssen ihre Reisfelder besaßen.

Traditionell werden diese Kämpfe mit dem etwa 3 m großen Rokkaku-dako oder dem riesigen 0-dako durchgeführt. Diese Kampfdrachen werden von beiden Seiten der Flussufer geflogen. Die Drachen fliegen über dem Fluss, und jedes Drachenteam versucht, des Gegners Leine zu durchtrennen. Dieses 200 Jahre alte Drachenspektakel hatte einen willkommenen Nebeneffekt: Die meist mangelhaft befestigten Uferdeiche wurden häufig bei starken Regenfällen weggeschwemmt. Das heftige Stampfen der Mannschaften beim Fliegen ihrer Kampfdrachen befestigte die Ufer.

 

Malaysia und Indonesien

Die Drachen sind wohl auf ihrer Reise von China nach Indonesien auch in Malaysia verbreitet worden. In den Anfängen werden es die Fischdrachen gewesen sein, die, aus Palmenblättern gebaut, von den Küstenbewohnern geflogen wurden. Diese Drachen flog man in Indonesien sowie im pazifischen Raum und benutzte sie, mit einer Leine und einem Haken versehen, zum Fischfang. Seit dem 15. Jahrhundert werden in Malaysia Drachenwettkämpfe durchgeführt. Im Gegensatz zu den japanischen Kämpfen, wo das Durchtrennen der Leinen im Vordergrund steht, werden in Malaysia die Dekoration, Flugleistung und der höchste Flug bewertet.

Der in Europa verbreitete Eddy-Drachen hat im malaysischen Bogendrachen einen nahen Verwandten. Dieser Drachentyp wird seit vielen Jahrhunderten in Malaysia und im indonesischen Raum geflogen. Das Drachenfliegen findet hauptsächlich zur Zeit des Nordostmonsums auf den abgeernteten Reisfeldern statt. Heutzutage ist der Wau Bulan der populärste malaysische Drachen. Er wird vorwiegend in der nordöstlichen Provinz Kelantan produziert.

Das Steigenlassen von Drachen ist seit Jahrhunderten Volkssport in Indonesien. Auch der Javanische Bogendrachen ist mit dem Eddy-Drachen verwandt. Er wird über portugiesische, englische oder holländische Handelsrouten im 19. Jahrhundert nach Europa gekommen sein.

Eine Variante des japanischen Kampfdrachens ist in der indonesischen Inselwelt seit Jahrhunderten weit verbreitet. Nirgendwo habe ich so viele Drachen wie auf der Insel Bali fliegen sehen. Zu jeder Jahres- oder Tageszeit fliegen Drachen über den Reisfeldern oder Dörfern.

Das Drachenfliegen erfüllt auf Bali mit langer Tradition auch einen praktischen Zweck. Die Reisbauern fliegen große, raubvogelartige Drachen über ihren Feldern, um den Reis vor nimmersatten Sperlingsschwärmen zu schützen. In den schmalen Gassen der Dörfer lassen Kinder zwischen einem Gewirr von Stromleitungen ihre Kampfdrachen steigen.

Das Bauen von Drachen auf Bali ist stark mit dem hinduistischen Glauben verbunden. Grundlage vieler Drachenmotive ist die Geschichte von Ramayana, in der es um Götter, Könige und eine entführte Prinzessin geht.

 

Thailand

Das Fliegen von Drachen wird in Thailand seit über 700 Jahren als Sportart betrieben. Im Jahre 1358 liebten die Könige der Sukhothai-Periode das Drachenfliegen so sehr, dass sie Amtsgeschäfte vernachlässigten.

Daraufhin wurde eine Verordnung erlassen, die das Steigenlassen von Drachen im Palast und seiner Umgebung verbot.

Aber nicht nur zu sportlichen Zwecken wurden in Thailand die Drachen in die Himmel geschickt.

Schon im 17. Jahrhundert begannen die Thais, frachtbeladene Drachen über ihren goldenen Städten einzusetzen. Es war König Petraja, der die Drachen als Träger von Bomben für militärische Operationen benutzte. Er befestigte mit Schwarzpulver gefüllte Fässer an Drachen und ließ diese über den Festungen aufständischer Rebellen explodieren. So wurden viele Verschwörer zur Kapitulation gezwungen.

König Rama 11 verbreitete zu Beginn des 19. Jahrhunderts das Drachenfliegen als Sportart über das ganze Land. Noch heute werden vor seinem königlichen Palast jedes Jahr, wenn der Südwestmonsun weht, Drachenwettkämpfe durchgeführt. Bei diesem Wettkampf versuchen mehrere männliche Kampfdrachen (Pakpao), die Leine eines großen fünfeckigen, weiblichen Drachens (Chula) zu durchtrennen. Das Fliegen dieser Kampfdrachen ist in Thailand auch zu einem Sport für Könige, Prinzen und Prinzessinnen geworden.

Eine weitere Tradition ist das Steigenlassen von Drachen mit Beginn der Nordost-Monsunzeit. Die Drachen sollen den aufkommenden Wind beschwören, die Regenwolken zu vertreiben, um bei sonnigem Wetter eine ertragreiche Ernte zu garantieren.

 

Europa

Da es keine verlässlichen Aussagen über die Erfindung des Drachens in Europa gibt, wird davon ausgegangen, dass er über europäische Seefahrer "importiert" wurde. Eine Theorie existiert, in der dem Griechen Archytas (400 n.Chr.) die Erfindung einer hölzernen Taube nachgesagt wird.

Die Geschichte der europäischen Drachen beginnt mit dem Fliegen von Windsäcken. Bereits zur Zeit des römischen Imperiums befestigten Soldaten diese einem Drachen ähnlichen, luftgefüllten Banner an Stäben, um ihre Feinde abzuschrecken. Bis über das Mittelalter hinaus wurden diese feuerspeienden Drachen in Europa und Asien bei militärischen Aktivitäten eingesetzt. Der Schritt vom luftgefüllten Banner zum fliegenden Drachen ist nicht gross. So zeigt die erste bekannte Illustration eines europäischen Drachens (1326) einen mit Flügeln ausgerüsteten Windsack.

Die wohl bekannteste Abbildung eines fliegenden Drachens erscheint in einem Buch von Conrad Kyeser zu Beginn des 15. Jahrhunderts. Diese Illustration zeigt einen frei fliegenden Drachen mit Haspel, Leine und der schematischen Darstellung der Waage.

Die Erfindung des flächigen sogenannten Wimpeldrachens hat im 14. und 15. Jahrhundert stattgefunden. Waren die Drachen am Anfang noch rechteckig und mit einem breiten Schwanz versehen, so kamen Mitte des 17. Jahrhunderts die gebogenen und rhomboiden Drachen hinzu.

In seiner massgeblichen Studie über die Geschichte des Drachens >Kites an historical survey" bespricht Clive Hart die Tatsache, dass der Drachen bis zu Beginn des 18. Jahrhunderts keine entscheidende Rolle für Entwicklungen der Luftschifffahrt gespielt hat. Im Gegensatz zu den asiatischen Ländern, wo der Drachen fester Bestandteil sportlicher Veranstaltungen war, bleibt er in Europa Spielgerät für Erwachsene und Kinder,

Gegen Mitte des 18. Jahrhunderts wird der Drachen populärer. In Frankreich kommt es 1736 zu Ausschreitungen konkurrierender Drachenteams, so dass auf öffentlichen Plätzen das Drachenfliegen verboten wird.

Im Jahre 1752 machte Benjamin Franklin eine für die Wissenschaft wichtige Entdeckung. Er ließ bei aufkommendem Gewitter Drachen steigen, um zu beweisen, dass die elektrische Ladung der Wolken mit der elektrischen Ladung einer durch Reibung aufgeladenen Glaskugel identisch ist. Die Energie einschlagender Blitze in seinen diamantförmigen Drachen wurde über die Leine zum Boden geleitet. Sie war in der Lage, Alkohol zu entzünden, oder man konnte andere Experimente mit ihr durchführen.

Mitglieder des in Philadelphia gegründeten "Franklin Kite Club" benutzten in den folgenden Jahren den Drachen für elektrische und meteorologische Messungen. Die bis dahin für diese Zwecke eingesetzten Ballons wurden häufig durch starke Winde niedergedrückt und waren für Messungen der Windgeschwindigkeit ungeeignet.

Durch das erfolgreiche Experimentieren mit Drachen war man im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts in der Lage, personentragende Drachen zu bauen. Im Jahre 1825 ließ der Engländer George Pocock seine erwachsene Tochter von einem Drachen 100 m in die Höhe ziehen. Später ließ er von Drachensystemen gezogene Kutschen über die Landstraßen Südenglands rollen. Diese Kutschen waren in der Lage, 4 bis 5 Personen mit einer Geschwindigkeit von 30 km/h zu befördern. Straßenzölle wurden für drachengezogene Wagen nicht erhoben.

Auch zur Rettung Schiffbrüchiger lieferte der Drachen seinen Beitrag. Sir George Nares entwickelte 1861 einen lenkbaren Drachen, der zur Rettung Schiffbrüchiger auch Menschen tragen konnte. Durch die Tatsache, dass die Küste in den meisten Fällen auf der Leeseite eines Schiffwracks lag (denn die in Seenot geratenen Segelschiffe wurden vom Wind an das Ufer getrieben und strandeten), konnte der Drachen erfolgreich eingesetzt werden. Auch in Deutschland wurde mit manntragenden Drachensystemen experimentiert. Um die durch ihre geringe Höhe eingeschränkte Observationsfähigkeit von U-Booten zu verbessern, ließ man im Ersten und Zweiten Weltkrieg bemannte Drachen aufsteigen.

Der in Amerika geborene Samuel Franklin Cody führte zur Zeit der Jahrhundertwende viele Drachenexperimente durch. Auch sein Interesse galt in erster Linie der Menschenbeförderung. Cody lebte in England und bestritt seinen Lebensunterhalt mit einer Truppe Wildwestdarsteller.

Nach einer langen Versuchsreihe entwickelte Cody den Kastendrachen. Er wurde wegen seiner Flügel auch Fledermaus genannt. Bei Codys "Man lifting System" entwickelte nicht ein riesiger Drachen die Zugkraft, die erforderlich ist, eine Person anzuheben, sondern ein Gespann aus mehreren Kastendrachen wirkte wie eine Art Himmelsanker in etwa 800 m Höhe. Die Anzahl dieser Zugdrachen war von der Windgeschwindigkeit abhängig. Ein Doppelflügeldrachen diente als eigentlicher Förderdrachen. Er war an einem Rollensystem, das auf der Hauptleine lief, befestigt. Unter dem Rollensystem hing ein Korb, in dem eine Person Platz hatte. Der Pilot konnte nun über verschiedene Leinen den Neigungswinkel des Drachens so verstellen, dass ein Auf- und Abgleiten an der Hauptleine möglich war.

Cody ließ 1901 sein Drachensystem patentieren und begann die englische Admiralität für seinen Einsatz zu interessieren. Er bewies die enorme Zugkraft seines Systems und ließ sich 1903 in einem von Drachen gezogenen Faltboot über den Ärmelkanal ziehen.

Inzwischen wurde in vielen Ländern Europas mit leistungsfähigen Drachen, die auch der Personenbeförderung dienten, experimentiert. Mit anderen Drachen wurden Höhenrekorde aufgestellt, und regelrechte Wettkämpfe waren nötig, um den effektivsten Drachen zu ermitteln. Die bekanntesten Konstrukteure dieser Zeit waren die Engländer B. F. S. Baden Powell (11 m-Riesendrachen) und Charles Brogden (winkelflächiger Flügeldrachen), die Franzosen Sacconey und Madiot (Kastendrachen) und die russischen Offiziere Schreiber und Ulyanin. Ein bis heute besonders beliebter Drachen wurde von dem Amerikaner William A. Eddy erfunden. Sein 1891 entwickelter Eddy-Bogendrachen wurde später für meteorologische Messungen in besonders großen Höhen eingesetzt. Eddy beschäftigte sich seit seiner Kindheit hauptsächlich mit sechseckigen Drachen. Ab 1887 begann er sich intensiv mit dem Drachen zu befassen.

Sein Ziel war es, einen schwanzlosen, sich selbst stabilisierenden Drachen zu bauen. Das Resultat, sein Eddy-Bogendrachen, war ein echter Fortschritt in der geschichtlichen Entwicklung des Drachenbaus seit der Erfindung des rhomboiden Drachens im Mittelalter.

Obwohl Eddy von der Existenz des javanerischen Bogendrachens wusste, war sein Drachen eine eigenständige Entwicklung. Sein Drachen wies einige Vorteile auf. Er war schwanzlos und der durch den Mittelholm geformte Kiel sorgte für Stabilität. Durch seine Erfindung wurden auch andere Drachenbauer auf den Bogendrachen aufmerksam und weitere Modelle entstanden. Eddy hatte einige kuriose Erlebnisse. So wunderten sich die Leute, warum ein erwachsener Mann mit Schnurrbart und Hut Drachen steigen ließ. Einmal kam ein kleiner Junge zu ihm und sagte: "Mein Vater meint, du solltest eigentlich einen Aufseher haben." Aber der Spötter musste schnell seine Meinung ändern, als sich Eddys Freund und Arzt ebenfalls für das Steigenlassen von Drachen interessierte.

Etwa zur gleichen Zeit lebte in Amerika der Erfinder des Telefons, Alexander Graham Bell. Er experimentierte mit einer Reihe verschieden aussehender Drachen.

Wie viele Drachenbauer zu seiner Zeit, hatte auch er die Idee, einen Flugapparat zu erfinden, der in der Lage ist, Menschen zu befördern. Um mit diesem Drachen weite Strecken zu überwinden, sollte er mit Motor und Propeller ausgerüstet werden. Seine wohl bemerkenswerteste Erfindung war der auch heute noch von vielen Drachenbauern geflogene Tetraederdrachen. 1907 schuf Bell einen 3393zelligen Tetraeder. Dieser mit Seide bespannte Riesendrachen musste von einem Dampfboot gestartet werden. Der Drachen war mit Schwimmkörpern versehen. Bei seinem bemannten Jungfernflug im Dezember 1907 flog er sieben Minuten in einer Höhe von 60 m, bevor er abstürzte und zerbrach. Bell konstruierte eine große Anzahl erfolgreicher Drachenmodelle. Zweifellos brachten seine Drachen den bemannten Motorflug einen Schritt weiter.

Der 1850 in England geborene Lawrence Hargrave war ein weiterer Drachenerfinder, der mit seinen Arbeiten viel für die Entwicklung der Luftschifffahrt um die Jahrhundertwende getan hat. Er studierte Aerodynamik und begann sich 1880 für Drachen zu interessieren. Seine frühen Arbeiten konzentrierten sich auf die Erfindung eines Flugapparates, mit dem es möglich war, ähnlich wie Segelschiffe gegen den Wind zu kreuzen. Hargrave erzielte keine brauchbaren Ergebnisse und wandte sich dem bemannten Drachenflug zu. Er experimentierte mit einer Vielzahl von Drachenmodellen, bevor er 1893 seinen Hargrave-Kastendrachen erfand. Der Vorteil seines Kastendrachens lag darin, dass er eine große Segelfläche bei relativ geringen Ausmaßen hate. Die vertikalen Segel zwischen den Tragflächen stabilisierten den Drachen, so dass ein Schwanz entfiel.

Hargrave brachte die Entwicklung des Drachens ein zweites Mal weiter, indem er seinen Kastendrachen mit gewölbten Tragflächen versah. Es war bekannt, dass Tragflächen mit einem gewölbten Profil größeren Auftrieb entwickeln als flache. Hargraves Kastendrachen wurde der Standarddrachen für meteorologische Messungen der folgenden Jahre.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs war es der amerikanische Luftfahrtingenieur Francis Rogallo, der durch Innovation und Erfindergeist einen neuen Drachentyp entwickelte. Um bei seinen Experimenten von Wind und Wetter unabhängig zu sein, installierte er ein großes Gebläse mit einem Durchmesser von 1,5 mtr. in seinem Haus. Sein Bemühen war es, einen Drachentyp zu konstruieren, der bei minimaler Segelfläche einen maximalen Auftrieb entwickelt. Ergebnis war ein Drachen mit flexiblen Flügeln als Tragfläche. Dieser Flügeltyp kann sich im Gegensatz zu starren Tragflächen dem Wind anpassen und so für effektiven Auftrieb sorgen.

Rogallo ließ seinen "flexiblen Drachen" patentieren; er wurde Grundlage für viele später entwickelte Drachentypen. Auch der amerikanische Lenkdrachentyp "Hawaiian" basiert auf dem Prinzip der flexiblen Tragflächen.

Wie Rogallo, so geht auch der Amerikaner D. C. Jalbert davon aus, dass sich die Form des Drachens an die Windbewegungen halten müsse. Jalbert experimentierte anfangs mit einer Reihe von Kastendrachen, bevor er 1965 die Parafolie erfand. Die Parafolie kommt vollkommen ohne Streben aus, weil ihre Kammern vom Wind gefüllt werden. Tragende Elemente sind gewölbte Stoffprofile, die zwischen zwei Segelflächen sitzen.

 

Forschung und Militär

1749

Erst 1749 wurde die früheste wissenschaftliche Verwendung des Drachens aufgezeichnet. Es handelte sich um ein meteorologisches Experiment, durchgeführt von Alexander Wilson in Camlachie (Schottland). Wilson mass die Temperaturunterschiede in verschiedenen Höhen mit einem halben Dutzend Drachen bis auf 915mtr.

1752

Benjamin Franklin (1706-1790), nordamerikanischer Staatsmann, Schriftsteller und Erfinder folgte mit einer zweifellos berühmten wissenschaftlichen Verwendung des Drachens. 1776-85 war er Gesandter in Paris und an der Erarbeitung der amerikanischen Verfassung von 1787 wesentlich beteiligt.

Im Juni 1752 liess Franklin seinen elektrischen Drachen steigen um nachzuweisen, dass der Blitz die gleiche Materie sei wie man bei der Stromerzeugung gewinnt. Er beschreibt die Konstruktion wie folgt:

„Man fertige ein kleines Kreuz aus zwei leichten Zederstäben, deren Arme so lang sind, dass sie bis zu den vier Ecken eines ausgebreiteten grossen seidenen Taschentuchs reichen; man befestige die Ecken des Taschentuchs an denen des Kreuzes, so dass man einen Drachenkörper erhält, der sich, richtig mit Schwanz, Schlinge und Schnur ausgerüstet wie die aus Papier hergestellten, in die Luft erhebt.

Doch dieser aus Seide bestehende ist besser geeignet, Nässe und den Wind eines Gewitters aushalten, ohne zu zerreissen. An der Spitze des Längsstabs in dem Kreuz muss man einen ganz spitzen Draht befestigen, der dreissig Zentimeter oder mehr über das Holz hinausragt. Am Ende der Schnur, neben der Hand, ist ein Seidenband anzubinden, und wo Schnur und Seide zusammentreffen, wird ein Schlüssel angebracht. Diesen Drachen lässt man aufsteigen, wenn ein Gewitter im Anzug ist, und die Person, welche die Schnur hält, muss unter einer Tür oder unter einer Bedeckung stehen, so dass das Seidenband nicht nass wird; und man muss dafür sorgen, dass die Schnur nicht den Türrahmen berührt.

Sowie eine Gewitterwolke über dem Drachen steht, wird der spitze Draht das elektrische Feuer aus ihr herausziehen, und der Schlüssel wird mit samt der Schnur elektrifiziert, und die freien Fasern der Schnur werden nach allen Seiten abstehen und von einem Finger, der ihnen nahe kommt, angezogen werden. Und sofern der Regen den Drachen und die Schnur nass gemacht hat, so dass sie ungehindert das elektrische Feuer leiten können, wird man bemerken, dass es reichlich von dem Schlüssel in den näherkommenden Knöchel fliest.

An diesem Schlüssel lässt sich die Flasche aufladen, und mit der so gewonnen Elektrizität kann man Alkohol entzünden und all die anderen Experimente durchführen, die man gewöhnlich mit Hilfe einer geriebenen Glaskugel oder Glasröhre anstellt; und dadurch ist die Gleichheit der elektrischen Materie und der des Blitzes vollständig bewiesen“.

1799

Die ersten bedeutsamen Experimente von Sir George Cayleys mit einer neuartigen Drachenform erfolgten zwischen 1799 und 1809. Die von ihm entwickelte Drachenform war ein Nebenprodukt für seine intensive Beschäftigung für das Konzept „Schwerer-als-Luft-Flugs“. Er formulierte die aeronautische Theorie wie folgt: „Das ganze Problem beschränkt sich darauf, einem bestimmten Gewicht durch die Anwendung von Kraft gegen den Luftwiderstand eine Oberflächenstützung zu verschaffen“. Er hatte die wesentliche Verschiedenheit von Antrieb und Auftrieb entdeckt.

Cayleys baute 1804 die ersten Modellgleiter und verwendete als Tragflügeleinheit einen englischen Bogenspitzdrachen. Über diesen Drachen oder Gleiter sagte Cayleys: „Ich habe erreicht, dass Flächen dieser Art Gewichte bis zu 80 oder 90 Pfund mit völliger Stetigkeit und beliebig nach beiden Seiten steuerbar herabtrugen“.

Vierzehn Jahre später entwarf Cayley einen Modellgleiter, der zwei Drachen verwendete, einen grossen für die Tragflügeleinheit und einen kleineren für den Schwanz. Die Tragflügeleinheit war in Form eines Flachwinkels angebracht und verlieh dem Gleiter grössere Stabilität. Dreiundsiebzig Jahre später machte W.A. Eddy die gleiche Entdeckung.

1853 liess Cayley seinen Kutscher mit dem neuen Flieger über ein Tal fliegen. Der Kutscher reklamierte, dass er zum Fahren und nicht zum Fliegen angestellt sei. Dies war der erste dokumentarisch festgehaltene Gleitflug eines Menschen.

1826

Der englische Lehrer George Pocock patentierte seinen berühmten „Char-volant“. Dieser grosse Wagen wurde von zwei hintereinander angebrachten englischen Bogenspitzdrachen gezogen. Man konnte vier oder fünf Personen mit einer Geschwindigkeit von bis zu zweiunddreissig Stundenkilometern befördernd. Für die gute Lenkbarkeit sorgten vier Leinen, die sowohl die seitliche Lage wie auch den Längswinkel zur Windrichtung einstellen konnten und dem Drachen gestatteten, „nach der Windrichtung rechts oder links“ zu fliegen.

1833

Erstmals wurde die Benutzung des Drachens als Zubehör der meteorologischen Forschung ausführlich von dem britischen Meteorologen E.D. Archibald erprobt. Es gelang ihm, Anemometer (Windmessgerät) an Drachen aufsteigen zu lassen und damit die Windgeschwindigkeit in verschiedenen Höhen zu messen. 1887 gelangen Archibald die ersten Luftaufnahmen von einem Drachen aus.

1844

Dr. Colladon experimentierte am Genfer See mit doppelschnürigen lenkbaren Drachen, die er in 200mtr langen Bogen über den Himmel steuerte. Später erfolgte eine Seeüberquerung auf einem vom Drachen gezogenen Brett.

1855

Ein Befürworter des Rettungsdrachens war der Admiral Sir Arthur Cochrane. Er unternahm 1855 als Kommandant einer Fregatte während des Krieges mit Russland viele Versuche mit drachengezogenen Torpedos. Bei der Verwendung von 3.65 Meter grossen Drachen entdeckte er, dass es möglich war, ein Torpedo über drei Kilometer hinweg mit beträchtlicher Genauigkeit zu bewegen; allerdings musste man vor dem „Abschuss“ sorgfältige Berechnungen anstellen und die Ablenkung durch Gezeiten und Wind mit berücksichtigen.

1894

Der Amerikaner J. Woodbridge Davis wandte die Technik mit den doppelschnürigen lenkbaren Drachen von Colladon an. Er entwickelte einen steuerbaren Drachen, der im Fall eines Schiffbruchs eine Rettungsleine vom Schiff zum Ufer tragen konnte.

1911

Die U.S. Navy führte Zielübungen auf Drachen durch um die Chancen der Abwehr von Luftfahrzeugen festzustellen. Im zweiten Weltkrieg entwickelte Fregattenkapitän Paul Garber abermals einen sehr manövrierfähigen Zieldrachen, und zwar ebenfalls für Übungen der amerikanischen Marineartillerie.

Um ihren Beobachtungsradius auf See zu erweitern, verwendeten die Deutschen im Ersten und im Zweiten Weltkrieg menschentragende Drachen, die von ihren aufgetauchten Unterseebooten aufstiegen. Die Sichtweite von üblicherweise 8 Kilometern vergrösserte sich in einer Höhe von 120 Metern auf 40 Kilometer. Im Ersten Weltkrieg benutzte man riesige Kastendrachen. Sie wurden hinter dem Unterseeboot hergezogen und waren daher nicht auf günstigen Wind angewiesen. Der Beobachter wurde in einer Gondel am Drachenseil hochgezogen, sobald ausreichende Höhe und Stabilität erreicht waren. Der Drachen war kastenförmig, ähnlich dem englischen Rettungsdrachen, den man im Zweiten Weltkrieg für Bergungsaktionen auf See einsetzte, allerdings um ein Vielfaches grösser. Der britische Drachen war dazu geeignet, eine dünne Antenne zum Aussenden von Notsignalen hochzuziehen.

Auch auf andere Weise wurden im Zweiten Weltkrieg die Signaleigenschaften von Drachen genutzt, wie in einem Artikel von der Londoner Zeitung Daily Sketch (1939) erschien. Die Schlagzeile lautete „Drachenspion bei seiner Tätigkeit ertappt – Verhaftung an der Ostküste bei weihnächtlicher Razzia“. Die Gegenspionage nahm einen Spion fest, als er chiffrierte Informationen an die Nazis mit einer automatischen Signaleinrichtung an einem Drachens übermittelte.

1940

Die britische Admiralität hat einen tödlichen Abwehrdrachen in Dienst gestellt, der Zerstörer gegen Luftangriffe schützte. Von diesem Drachen, einen modifizierten Hargrave-Doppelkasten, hing ein Draht herab, an dessen Ende sich eine Bombe befand. Der Aufprall eines angreifenden Flugzeugs auf den Draht bewirkte, dass das Flugseil unter der Bombenvorrichtung durchgetrennt wurde, wodurch der Drachendraht lose über die Tragfläche des Flugzeugs glitt. Durch den Zug des Drachens wurde die Bombe rasch auf das Flugzeug gezogen, wo sie beim Aufprall explodierte.

1941

Ein weiterer kriegsbezogener Einsatz des Drachens bestand in der Luftabwehr für amerikanische Geleitzüge im Jahr 1941. Der dafür verwendete Drachen wurde von Harry C. Sauls von der U.S. War Shipping Administration in zwölfjähriger Arbeit entwickelt. Sauls baute einen bereits vorhandenen, bisher für Werbezwecke benutzten Drachen um. Etwa 6 Meter breit und von doppelter Kastenform, flogen Sauls’ stattliche Drachen an 609 Meter langen Drahtseilen, von denen weitere Drahtseile herabhingen. Sie waren in der Lage, Tragflächen zu durchtrennen und Propeller zu beschädigen, so dass sie eine erhebliche Abschreckung für gegnerische Piloten bildeten.

1943

Die Deutsch entwickelten während des Zweiten Weltkrieges eine weit bessere Methode, einen Beobachter in die Luft zu schicken. 1943 stellten sie den Focke-Achgelis-F.A. 330-Drehflügel- oder Tragschraubendrachen in Dienst. Die war ein äusserst manövrierfähiger Autogiro, der seinen Auftrieb dadurch erhielt, dass es von einem Unterseeboot gezogen wurde. Die Steuerung erfolgte mit einem Seitenruder, das mittels eines konventionellen Steuerknüppels bedient wurde. Die Drehblätter liessen sich in einer Notlage abwerfen, während der Pilot mit einem Fallschirm absprang. Der ganze Apparat liess sich dank einer Reihe ausklinkbarer Verbindungen schnell zerlegen und verstauen.

Der vielleicht berühmteste Drachen des zweiten Weltkrieges, der „Gibson Girl“, verdankte seinen Namen der taillierten Form des dazugehörigen Funkgerätes. Der Drachen war Teil der Seenotrettungsausrüstung für Flugzeugbesatzungen, die auf dem Meer notwassernd mussten. Er trug eine dünne Notantenne empor, die mit dem Funkgerät verbunden war. Dieses konnte dann, mit handbetriebenen Dynamo, SOS-Signale aussenden. Der ohne Waage fliegende Drachen hatte drei alternative Schnurbefestigungspunkte für wechselnde Windgeschwindigkeiten.

Bedenkt man das Tempo, in dem sich im zweiten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts die Luftfahrttechnologie entwickelte, erscheint es kaum überraschend, dass der Drachen für eine Zeitspanne von etwa dreissig bis vierzig Jahren so gut wie vergessen wurde. Abgesehen von vereinzelten militärischen, meteorologischen und Reklameanwendungen während der beiden Weltkriege und dazwischen, vernachlässigten ihn alle, mit Ausnahmen der Kinder. Erst in der Mitte der fünfziger Jahre verschaffte die Arbeit von Francis Rogallos von der National Aeronautical and Space Administration dem Drachen wieder Geltung als potentiell bedeutsames Instrument der Wissenschaft.

1948

Francis M. Rogallo, ein Luftfahrtingenieur, der mit der National Aeronautics and Space Administration in Virginia zusammenarbeitete, kam zu der Einsicht, dass flexible Flügel eine potentiell grössere Stabilität verleihen als festmontierte Flächen und dass sich der Flugkörper der Bewegung des Windes anpassen sollte, nicht der Wind der Form des Fluggerätes oder des Drachens. Rogallo installierte einen grossen elektrischen Ventilator in seiner Wohnung und unternahm mit Hilfe seiner Frau ausgedehnte Tests und Experimente mit verschiedenen Drachenbauarten. 1948 hatte er mit seinem flexiblen Drachen schliesslich Erfolg. Die Erfindung kam zu einer Zeit auf den Markt, als man Drachen nur wenig Interesse schenkte, und so wurde das Projekt aufgegeben. Dennoch erwies sich das, was in Rogallos Theorien steckte, als sehr interessant für das US-Raumfahrtprogramm, und er war bald mit umfangreichen Forschungen in dem gewaltigen Windkanal von Langley in Virginia beschäftigt. Er entwickelte eine Reihe ausgeklügelter Paraflügel, die sich bei der Landung zurückkehrender Raumkapseln ausfahren und mit grosser Genauigkeit regulieren liessen.

1950

Eine andere, völlig neue Drachengattung kam 1950 mit einer Patentmeldung auf, was als Allison- oder Scott Schlitten bekannt werden sollte. Die Konzeption dieses Drachens war das Werk William M. Allison aus Dayton, Ohio, dessen Patent wegen eines möglichen Konfliktes mit dem noch ausstehenden Patent für den flexiblen Drachen Rogallos erst 1956 erteilt wurde. Es handelt sich um einen halbstarren Baldachindrachen, der nur in der Längsfläche eine Stütze hat und den Wind dazu nutzt, den Baldachin durch seitliche Stützung des Gebildes offen zu halten. Die ganz aussen an den Seiten angebrachten Schnüre halten diese nieder, so dass diese Kiele bilden und dem Drachen eine seitliche Stabilität geben. Der Allison-Schlitten war in dieser Form jedoch nicht sehr erfolgreich.

Frank Scott, ebenfalls aus Dayton, führte 1964 eine modifizierte Version des Originals ein. Der Scott-Schlitten hatte in der unteren Hälfte eine Luftöffnung und die Seiten nicht mehr spitz gegen die Hinterkante zulaufend, sondern parallel.

1963

Die neuste Errungenschaft in der Geschichte der Drachenform ist der Parafoil, ein völlig originelles Konzept im Drachenbau, erfunden von Domina C. Jalbert aus Boca Raton in Florida. Wie Rogallo geht Jalbert davon aus, dass die Form sich an die Windrichtung halten solle, und eine seiner früheren Erfindungen, ein vielzelliger Fallschirm, der sich durch eine Vervielfachung der Segelbefestigungspunkte auszeichnet, nutzt die Windkraft in weit höherem Grad als die Standard-Baldachin-Bauart mit ihrer einfachen Befestigung. Jalbert entdeckte, dass die allgemeine Form des herkömmlichen Fallschirms ineffizient war, weil sie soviel Luft ungenutzt liess. Er entwarf einen Fallschirm, welcher eine höhere Luftmasse aufnehmen konnte, höhere Tragfähigkeit besass und stabiler und sanfter zu Boden glitt.

Es ist erfreulich, dass der Drachen, bei allen Fortschritten und Verbesserungen in seiner Bauweise für militärische und wissenschaftliche Zwecke, als ästhetischen Gegenstand auch heute noch viele Künstler inspiriert.

 

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